8. Juli 2015

Pressemitteilung: Reform des SGB II – Sanktionen gegen junge Arbeitslose entschärfen

Presseerklärung der Grünen Bürgerschaftsfraktion vom 8. Juli 2015
Die rot-grüne Koalition will die Ungleichbehandlungen in der SGB II-Gesetzgebung abmildern: Künftig sollen die gesonderten Sanktionsmöglichkeiten gegen unter 25-Jährige abgeschafft und die Schlechterstellung von Alleinerziehenden verhindert werden. Dazu haben die Regierungsfraktionen einen Antrag zur heutigen Bürgerschaftssitzung eingereicht (Drucksache Nr. 21/897).
Dazu Mareike Engels, sozialpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Junge Erwachsene sind besonders hart von den Hartz IV-Sanktionen betroffen. Schon kleinere Regelverstöße reichen, um die Zahlungen monatelang einzufrieren. Das bleibt nicht ohne Folgen: Oft bauen die Betroffenen Mietschulden auf und drohen im schlimmsten Fall in die Obdachlosigkeit abzurutschen. Im Bund blockiert die CSU gerade die Reformen. Dies wollen wir nun von Hamburg aus ändern und uns auf Bundesebene für die Abschaffung der Sonder-Sanktionen für unter 25-Jährige stark machen.“ Zu den geplanten Veränderungen für getrenntlebende Eltern sagt Engels weiter: „Uns ist es außerdem ein wichtiges Anliegen, dass Kinder guten Kontakt zu beiden Elternteilen haben, auch wenn diese getrennt leben. Dies muss auch weiter finanziell abgesichert werden, ohne dass sich die Eltern darüber streiten müssen.“

Dazu Jens-Peter Schwieger, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion:
„Die Möglichkeit der Verhängung von Sanktionen bei unter 25-Jährigen Hilfeempfängerinnen und -empfänger ist nicht angemessen und fair, weil es unter Umständen sogar dazu kommen kann, dass die Kostenübernahme für eine Unterkunft ganz gestrichen wird. Die gesonderten Sanktionsregelungen für die unter 25-Jahrigen müssen abgeschafft werden.“
 
Hintergrund
Die Sanktionsregeln des SGB II beinhalten verschärfte Sanktionsmöglichkeiten gegen unter 25-jährige. Diese umfassen im Detail:

  • Regelleistungen können nicht nur, wie bei Älteren um zunächst 30% gekürzt werden, sondern für max. drei Monate ganz gestrichen werden (§31 Abs. 5 SGB II).
  • Miete und Heizkosten werden zunächst während der Sanktion weiter gezahlt. Für Sachleistungen können Anträge gewährt werden, aber es besteht hierfür kein Rechtsanspruch (§31 Abs. 3 SGB II)
  • Im Falle der wiederholten Regelungsverletzung werden bei Jüngeren seit Januar 2007 auch die Kosten für die Unterkunft und Heizung nicht mehr erstattet. (§31 Abs. 5 SGB II) Für U-25-jährige gilt diese Regelung schon ab dem ersten Wiederholungsfall, für Ältere erst bei weiteren Pflichtverletzungen.

 
In diesen Punkten sehen die Fraktionen von SPD und Grünen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund des Alters.
 
Zu den Konsequenzen der schärferen Sanktionierungen von unter 25-jährigen zählen u.a.:

  • Unter 25-jährige werden über die Jahre fast dreimal so häufig sanktioniert.
  • Nach Studienergebnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestehen unerwünschte Nebenwirkungen der Sanktionierungen vor allem in (a) der Gefahr der Kleinkriminalität, (b) der Schwarzarbeit und (c) der Verschuldung
  • Weiterhin scheint es laut IAB im Umfeld der Sanktionen immer häufiger zu einem „Verschwinden“ junger Hilfsbedürftiger zu kommen. Der Kontakt zum SGB II-Träger bricht vorübergehend oder längerfristig ab, wodurch massive Probleme für die berufliche Integration entstehen.
  • Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Sanktionen, die Einzelne bestrafen sollen, oft die gesamte Bedarfsgemeinschaft treffen und damit auch Kinder.

 
Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Kurzbericht 10/2010 (PDF)