21. Februar 2018

Gastbeitrag in der Welt: „Ich halte nichts von einem weiteren religiösen Feiertag“

Ohne Fraktionszwang soll in Hamburg über einen neuen Feiertag abgestimmt werden. Für die Grünen-Abgeordnete Mareike Engels spricht alles für den Weltfrauentag – nicht nur aufgrund der #metoo-Debatte.

Gesetzliche Feiertage haben eine sehr wichtige gesellschaftliche Funktion, und so sollte die Einführung eines neuen Feiertages sowohl eine historische als auch eine angemessene Bedeutung für die Gegenwart haben. In diesem Jahr feiern wir das 100jährige Frauenwahlrecht – welch ein bedeutender Erfolg!

Am Weltfrauentag am 8. März können und sollten die bisherigen Errungenschaften für Frauen gefeiert und ihr Engagement gewürdigt werden. Und: Wir können zugleich weitere Verbesserungen anmahnen. Das ist mir gerade jetzt, da rechte Gruppierungen Stimmung gegen Frauenrechte machen, wichtiger denn je. Auch die #metoo-Debatte zeigt: Feminismus ist notwendig.

Seit 1977 dürfen Ehefrauen eigenständig über ihre Erwerbstätigkeit entscheiden, erst im Jahr 1997 wurde Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe gestellt und vor Kurzem konnte endlich der Grundsatz „Nein heißt Nein“ im Strafgesetzbuch verankert werden. Das alles wäre ohne wichtige Vorkämpferinnen der Frauenrechte nicht gelungen, und ich finde es absolut angemessen und notwendig, ihren Erfolgen auch eine entsprechende Würdigung zukommen zu lassen. Genauso wie wir die gesellschaftlich ebenso wichtigen Emanzipationskämpfe der Arbeiterinnen und Arbeiter jedes Jahr am 1. Mai feiern.

Der Weltfrauentag wurde in Deutschland am 19. März 1911 zum ersten Mal gefeiert. Damals hieß die Parole: „Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“ Heute heißt sie: „Kein Staat ohne Frauen – Hälfte der Macht den Frauen“. Frauen verdienen wesentlich weniger, sind seltener in Führungspositionen, landen überdurchschnittlich in der Altersarmut und werden auch durch Gesetze wie das zum Schwangerschaftsabbruch noch immer in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt. Der Frauenanteil im Bundestag ist so niedrig wie seit fast 20 Jahren nicht mehr. Wir haben also genug, wofür wir noch kämpfen müssen und weshalb wir am 8. März wütend auf die Straße gehen.

Ich möchte auch daran erinnern, dass der Weltfrauentag während des Nationalsozialismus verboten wurde und in der jungen Bundesrepublik dann zunächst in Vergessenheit geriet. Heute feiert er sein Comeback – das hat man an den Women’s Marches im vergangenen Jahr gesehen, die weltweit auch als Reaktion auf den Sexismus von Donald Trump enormen Zulauf bekommen haben.

Weltfrauentag – international und interkulturell

Ich halte nichts davon, einen weiteren religiösen Feiertag einführen. Es sind bereits sechs unserer neun Feiertage christlich konnotiert. In Hamburg leben aber auch viele Angehörige anderer Religionen – ganz zu schweigen von den vielen Menschen, die gar keiner Religion angehören. Es ist im Übrigen noch gar nicht ausgemacht, dass der Reformationstag von allen norddeutschen Bundesländern favorisiert wird. Die Landtagspräsidentin aus Niedersachsen hat jüngst auch den Weltfrauentag vorgeschlagen.

Der Weltfrauentag ist international, interkulturell und zelebriert vor allem Vielfalt, Solidarität und gleiche Rechte. Es wäre der richtige Feiertag für Hamburg – und unsere Stadt könnte hier bundesweit vorangehen.

Artikel in der Welt: https://www.welt.de/regionales/hamburg/article173772446/Gruene-Politikerin-Engels-Weltfrauentag-soll-Hamburger-Feiertag-werden.html