11. Juni 2015

Rede: Sofortprogramm zur Versorgung von vordringlich Wohnungsuchenden (11. Juni 2015)



Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!
Die eigene Wohnung ist wahrscheinlich für alle unter uns eine Selbstverständlichkeit. Ein Rückzugsort, ein Heim und ein Zuhause. Für viele in Hamburg ist eine eigene Wohnung aber keine Selbstverständlichkeit. Sie leben auf der Straße, teilen sich mit Fremden ein Zimmer in der öffentlichen Unterbringung, sind mit ihren Familien in einem Hotel notuntergebracht. Oder sie warten darauf, dass sie ihre stationäre Unterbringung verlassen können, um endlich wieder in ein eigenes, selbstbestimmtes Leben starten zu können. Für diese Gruppe – im Verwaltungsjargon „vordringlich Wohnungsuchende“ genannt – brauchen wir dringend eine bessere Förderung und mehr gebundene Wohnungen, das wurde bereits dargelegt. Auch für sie muss der Einzug in eine eigene Wohnung endlich wieder möglich sein.
In der Debatte sollte uns bewusst sein, dass es sich nicht um Einzelschicksale handelt. Über 8 000 Menschen suchen vordringlich eine Wohnung, und über 50 Prozent der Menschen in der öffentlichen Unterbringung leben dort bereits länger als zwei Jahre. Wir diskutierten bereits vor zwei Wochen in der Aktuellen Stunde darüber relativ ausführlich und waren uns da auch einig, dass Lösungen herbeigeführt werden müssen. Die betroffenen Menschen suchen meist vergebens auf dem freien Hamburger Wohnungsmarkt nach einer Wohnung und haben dort kaum eine Chance. Doch nicht nur die geringen finanziellen Spielräume benachteiligen diese Menschen, es sind auch die Vorbehalte der Vermieterinnen und Vermieter. Warum sollte man an jemanden vermieten, der seine Wohnung zuvor verloren hat, vielleicht sogar Mietschulden hat oder suchtkrank war? Es ist aber diese zweite Chance, die viele Menschen brauchen. Genau diese vordringlich wohnungsuchenden Menschen brauchen unsere Solidarität, und aus diesem Grund wollen und dürfen wir sie auch nicht allein lassen.
Während die Gruppe der vordringlich Wohnungsuchenden immer größer wird, sinkt die Anzahl der ihnen zur Verfügung stehenden Sozialwohnungen. Die Versorgungsquote sinkt von Jahr zu Jahr. Der Bestand an Wohnungen mit WA-Bindung wird außerhalb der SAGA GWG in den nächsten Jahren auf 8 000 sinken. Bei normaler Fluktuation werden hiervon dann gerade einmal einige Hundert pro Jahr frei.
Deswegen hat Rot-Grün als ersten Schritt vereinbart, die jährliche Verpflichtung der SAGA GWG zur Bereitstellung von Wohnungen für vordringlich Wohnungsuchende auf 1 900 zu erhöhen. Und das ist ein erster, richtiger Schritt. Bedarf und Angebot passen aber bereits jetzt nicht wirklich zusammen, und die Lage wird immer angespannter. Diesen grundsätzlichen Handlungsbedarf hat die rot-grüne Koalition erkannt, und deswegen beantragen wir heute den Runden Tisch zur Versorgung vordringlich Wohnungsuchender. Unser Ziel ist nämlich, dass alle Menschen ein Zuhause bekommen.
Am Runden Tisch wollen wir gemeinsam mit denen, die sich am besten mit der Problematik auskennen, den Wohlfahrts- und Sozialverbänden, überlegen, welche weiteren Maßnahmen in Hamburg umgesetzt werden müssen, damit alle die Chance haben, eine eigene Wohnung zu beziehen. Am Runden Tisch sollen aber auch Vertreterinnen und Vertreter der Wohnungswirtschaft und natürlich der SAGA GWG teilnehmen. Wir brauchen mehr gebundene Wohnungen, ansonsten werden wir nicht weiterkommen. Dieses Problem werden wir nun gemeinsam lösen können, und dafür ist der Runde Tisch da. Hier können wir unserer sozialen Verantwortung gerecht werden.
Die unversorgten Haushalte mit Dringlichkeitsschein, die 5 000 Menschen in öffentlicher Unterbringung, die wohnungslosen Familien, die sich in der Hotelunterbringung befinden, und die Jugendlichen, die beim Jugendhilfeträger untergebracht werden, sie alle sind derzeit auf dem Hamburger Wohnungsmarkt nahezu chancenlos. Das kann so nicht weitergehen.
Für sie alle wollen wir eine Lösung finden und durch ein Sofortprogramm schnell bessere Möglichkeiten schaffen, damit sie endlich wieder eine eigene Wohnung beziehen können. Es gibt ein Recht auf Wohnen, und dieses gilt es auch in der Praxis zu realisieren.
Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu dem vorliegenden Antrag, denn wir wollen, dass auch Frauen aus Frauenhäusern, wohnungslose Familien, Zuwanderinnen und Zuwanderer in Hamburg wieder eine Wohnung erhalten, ein Heim, ein Zuhause. Lassen Sie uns dieser sozialen Verantwortung gemeinsam gerecht werden. Danke schön.